Und als ich mich in den Kinosessel sinken ließ und mit F. zu reden begann, da fragte ich mich, was das eigentlich soll, mit diesen paar Menschen immer, in den Filmen. Egal wo, egal welcher Film. Immer nur diese Handvoll Typen, die der Zufall angeschwemmt zu haben scheint. Am besten immer jeden einzelnen noch nach dem Kino auf ein Bier einladen, um mal endlich 'nen Freundeskreis zu etablieren.
Wie ich im tiefsten Winter mit dem alten Opel meiner Eltern durch die Gegend fuhr und währenddessen Please Smile My Nose Bleed hörte. Weißer Schnee und gelbes Licht.
Die alte Frau, für die Dylan arbeiten musste, die sie liebevoll (oder auch nicht) »Wendeltreppe« nannten. Gemeinsam mit seiner Mutter besucht Dylan »Wendeltreppe« eines Tages, um ihr zu beichten, dass er nicht mehr für sie arbeiten möchte. Da »Wendeltreppe« eine sehr kluge alte Dame ist, weiß sie das natürlich schon längst und sagt, dass sie einfach noch so viel Arbeitskraft aus ihm pressen wollte wie möglich. Zuvor hatte sie Dylans Kündigungsversuche geflissentlich überhört.
F.: »Das Wohnzimmer der Obdachlosigkeit!«
If there's one thing that distinguishes Lynch from all but a handful of his fellow American filmmakers, it's his devotion to the mysterious and the irrational, to loose ends, shadowy spaces, suggestive sounds, and open-ended stories.Senses Of Cinema > Jared Rapfogel > David Lynch. Mir gefiel ja definitiv Twin Peaks am besten. Kann mich mit diesem sehr distortiven, losen Stil derzeit nicht anfreunden. Vor einigen Wochen spät nachts zum ersten Mal Lost Highway gesehen. Fand den gut, fühlte mich jedoch immer und immer an die anderen Filme (Mulholland Drive, Wild At Heart und Blue Velvet) erinnert. Führte mich zu dem Schluss, dass die Filme (Film weil: wenn alles »Film« zu nennen ist, dann ist auch nichts »Film« zu nennen) für mich mehr in einem Gesamtzusammenhang, als ein großer Körper begriffen werden sollen.
Komisch: freue mich heute auf diese Tage, an denen ich fast schon nicht mehr da bin, im Gehen begriffen bin. In denen ich weiß, das nicht mehr viel kommen wird, die Musik leiser gedreht wird. Und kurz vorm Tod hört man dann vielleicht noch durchs Fenster entferntes Kinderfreudengeschrei.
Die richtigen Rede- und Verhaltensweisen der Wissenschaft zu erlernen, um dauerhaften Zugang zu ihren Räumen zu erlangen, ist nicht einfach. Manche können sie vielleicht leichter von den Lippen ihrer Eltern oder deren Freunde und Kollegen abnehmen; in Nebensätzen, die in sich all die Bewegungs- und Habitusformen, den Referenzraum wissenschaftlichen Denkens, Schreibens und Agierens tragen. Andere müssen vielleicht erst eine ganz andere Sprache lernen und nicht nur das: eine Äußerungsform, eine Art sich die Welt zu erschließen, eine körperlich-gedankliche-emotionale Haltung muss gelernt werden. Eine hochspezifische Lebensform zwischen Bibliotheken, Zettelkästen und Notizbüchern, Abendeinladungen, Diskussionen nach Vorträgen, Museums- und Laborbesuchen. Rituale des rein sachlichen, gelehrten Streits um das bessere Argument.Holger Schulze in der neuen sinn-haft über das wissenschaftliche Sprechen. Überaus spannend und sehr gut lesbar. Und es wurden eben jene Zweifel aufgefriffen, mit denen ich mich bisweilen konfrontiert sehe. Lobt Holger Schulze and the sinn-haft-magazine! Ausgabe 18 ist soeben erschienen und enthält Beiträge von Ingo Kottkamp, Diedrich Diederichsen, Ekkehard Knörer, Alexander Kluge und vielen mehr.
Jede Woche fahre ich zum Bärenland. Dort arbeiten zwei verschlagen dreinblickende Männer, von denen der eine, der ältere, so ganz staubige Haare hat und irgendwie auch unangenehm lüstern wirkt, wenn er mir Weingummi zum probieren anbietet. Diese Woche Kau-Gummi Stäbchen. Völlig geiles Zeug.
Geister loswerden.
Gestern zwei Männer beim Gespräch belauscht. Sie unterhielten sich, während der mit den längeren Haaren einen gut aussehenden Salat verköstigte, über Konzerte. In diesem Zusammenhang fiel wiederholt das Wort »schön«. Hatte das Gefühl, dass ich das nicht oft bemerke, dass wenn sich zwei Männer unterhalten, sie dann etwas öffentlich auch schön finden dürfen. Dachte wahrscheinlich, dass da mehr Umschreibungen wie »geil«, »super« oder »dufte« herhalten müssen bla bla bla [end of sinnloser beitrag].
101 Fotos in zwei Tagen. All’ diese blauen Tücher um den Hals den Fuß den Kopf die Hand das Bein den Bauch. Eine schwangere Frau mit ultrakurzem, engem Shirt in der U-Bahn. Die bauchfreie Stelle ebenfalls mit einem Tuch umwickelt, einem schwarzen. Und der Freund und vielleicht auch werdende Vater trug die gleiche Sonnenbrille wie sie. Und die ganzen Massen, die Scheiße bei McDonalds und Apostels essen, wenn es 30 Grad warm ist. Würde mir ja auch nie einfallen, das Zeug zu essen, wenn ich schwitze, weil: das Essen schwitzt ja selbst irgendwie schon. Und wie Hannover zu ächzen scheint, unter der Last dieser Menschen. Der Last der Wochenendausflügler, der Pendler, der Flaneure, der Shopper, der Anwohner, der Besucher, der was weiß ich nicht noch alles. Und in der Stadt kumuliert das dann auch alles so schön: die Cafés sind zum bersten voll mit Menschen, die ich mir stundenlang ansehen mag. Die drei Mädels neben mir labern. Eine trägt einen sehr kurzen Rock und hat so eine schicke, relativ neue Kamera mit großem Display und sechs Megapixel dabei. Keine Ahnung, was genau sie damit will. Fängt dann an, vor lauter Langeweile den Bahnhofsvorplatz zu filmen und kommt wahrscheinlich nicht auf die Idee, dass sie das auch, dank des eingebauten Mikrofons, kommentieren könnte. Und zwischendrin wird dann noch umgebaut. Ein Mann auf einem Baugerüst reinigt mit einem Hochdruckwasserspritzer die Fassade des umzubauenden Bennetton-Flagship-Store. Und bei Bennetton muss ich an Michael Schuhmacher denken, wie der vor Jahren mal für Bennetton gefahren ist, in diesem größtenteils blauen Renner, der mich eigentlich schon damals nicht interessierte. Und wie im SPIEGEL mal (auch vor Jahren) ein kleines Interview-Kästchen mit dem Ressortleiter Sport der taz, der sprach: »das verheizen fossiler Brennstoffe im Namen von Bernie Eccelstone halten wir nicht für berichtenswert« (oder so ähnlich).
Wie die Vorfreude während der Zugfahrt nach Hause kaum merklich steigt und dann doch plötzlich, als ich aus dem Bus steige, da ist. Natürlich langweilen sich die Passagiere. Was die sich wohl dabei denken, so viehisch starr vor sich hinzugucken, während man auf etwas wartet, dass des Wartens doch gar nicht bedarf. Konnte das noch nie verstehen und erinnere mich daran, wie der Held in Gefährliche Geliebte sich darüber wundert, das die Menschen immer und überall in etwas hineinstarren aufgrund der Angst, vielleicht mal für ein paar Minuten nichts zu tun zu haben. Hier auf der Insel sehe ich davon wenig. Heute früh fiel mich J. an, nachdem ich ihn, während er sich auf den Korkplatten sonnte, einige Minuten lang gekrault hatte. Nach dem Duschen zum Bäcker mit dem Rad durchs Dorf vorbei an den Obdachlosen, die hier schon vormittags durch den Park streunen. Keine Sesambrötchen, keine mit Mohn, also nur Langweiliges gekauft. Dazu frischer Minztee oder Jasmintee oder schwarzer Tee oder vielleicht besser Wasser mit Eis. Headline des Tages: »Ökumene pur: Harmonie auf der ganzen Linie«.
Wie ich die Ereignisse der vergangen Tage nicht in eine chronologisch richtige Reihenfolge bringen kann und wie ich heimlich darauf hoffe, dass sich dann, am Ende, nachdem ich alles aus mir herausgeholt habe, sich vielleicht so etwas wie ein innerer Zusammenhang ergibt. Tage zu Brei. Also wieder Daheim. J. liegt unter der blauen Bank unter den Küchenfenster, döst und miaut dann ganz viel, nachdem er mich bemerkt hat. Ziehe mich um, trinke schnell ein Glas und renne dann, wie alle anderen auch, ins Freibad. Der volle Parkplatz, das Stimmengewirr, und wie man aus ihm immer ein Lachen und Schreien herauszuhören meint. Wird sicher auch eine ferne Erinnerung, bald: das Lachen und Schreien, während ich im Garten liege und versuche zu Schlafen zu Lesen zu Essen zu Trinken in der Hängematte zu Schaukeln.
Vom Bahnhof aus direkt zum Kröpcke gelaufen. Die beiden Männer drücken sich am Schaufenster des Handyshops die Nasen platt. Auch aus den anderen Geschäften strömen Menschen, sogar aus der Apotheke, die da mittendrin etwas unpassend wirkt. Allein die Besucherströme zu beobachten: wie die sich auf den Bänken niederlassen, vor den Geschäften niederlassen, einfach weitergehen, mir Zettel in die Hand drücken, mich ansehen, mich nicht ansehen. In einem neuen Viertel in Uni-Nähe ausgestiegen. Schöne Haltestation, schönes Viertel. Vor der Kirche ein kleines Fußballfeld, auf dem Mädchenmannschaften gegeneinander antreten. Über Lautsprecher die Stimme einer Frau, die ständig betont, dass noch einige Mannschaften zum mitmachen gesucht würden, und das es »nur um den Spaß« gehe. Und wie mir das mit einem Male völlig absurd erscheint, dieses Gerede vom Bedeutungsverfall der Kirche: hier sind sie doch, die jungen Mädchen und jungen Jungs, die sich Shirts mit Botschaften anziehen, singen, tanzen, Reden halten, Veranstaltungen organisieren, überhaupt: in irgendeiner Weise partizipieren.
Im Café Otto (!) noch schnell etwas getrunken, bevor C. und S. aus der Uni kommen. Drinnen riecht es muffig, draußen hocken viele Leute auf den weißen Plastikstühlen. Auf einer Steintreppe sitzen ein paar Punks mit ihren Hunden. Sehen alle ziemlich erschöpft aus, gerade so, als würde ihnen das Wetter bereits merklich zusetzen. Die Hunde bekommen dann aus einem gelben Plastikeimer jeder ein großes, rohes Stück Fleisch vorgeworfen. Keine Ahnung, woher der eine das ganze Fleisch so plötzlich nimmt. Sehe mir diese Ess-Zeremonie einige Minuten an. Wie jeder Hund sich seinem ganz eigenen Stück widmet, es liebevoll zerkaut. In entgegengesetzter Blickrichtung sitzt eine Gruppe vor einem Planschbecken, dessen Wasser mittlerweile nicht mehr unbedingt das kälteste sein dürfte. Ab und zu laufen einige Kinder durch das Becken und bespritzen die anderen mit Wasser. Der Dönerladen nebenan scheint an diesem Wochenende wohl das Geschäft des Jahres zu machen. Ständig rennen die Kids in diesen kleinen Imbiss, kaufen Döner und etwas zum Trinken. Kurz überlegt, mir auch so ein Ding und ein Bier zu kaufen, es dann aber doch sein gelassen, schon allein weil ich mit C. und S., die in diesem Moment um die Ecke biegen, zum Essen verabredet bin.
September 2025 | ||||||
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