Mich dann doch noch dazu durchgerungen, darüber nachzudenken, welche Musik mir 2010 besser gefallen hat. In den letzten Monaten immer mal wieder notiert und revidiert, ist das Ergebnis jedenfalls ein relativ guter Einblick in das, was ich dieses Jahr vor allem viel gehört habe. Mit James Blake, Mount Kimbie und Darkstar ist viel post-klassischer Dubstep dabei. Vor allem Darkstars North war eine relativ späte, dafür jedoch umso erfreulichere Entdeckung. Durch den Sommer begleitet haben mich vor allem Drexciya und The Other People Place, weshalb Lifestyles Of The Laptop Café hier auch auf keinen Fall fehlen darf. Hier nun aber der Reihe nach die gesamte Liste:
Lieblings-Mix: Mount Kimbie, Resident Advisor 216
Stellvertretend für alle Sachen, die Mount Kimbie dieses Jahr gemacht haben - vor allem natürlich das fantastische Crooks & Lovers auf Scubas Hyperdub - bin ich vor allem immer wieder bei diesem Mix hängen geblieben. Obwohl Dominic Maker und Kai Campos eigentlich behaupten, keine DJs zu sein, ist ihr Beitrag für die landläufig bekannte Resident-Advisor-Reihe eine sehr runde Angelegenheit geworden und beinhaltet in nur 39 Minuten einen Haufen tracks von Leuten wie Klaus, James Blake, Sigha, Actress und vor allem Mount Kimbie selbst, die allein für sich schon fantastisch sind, hier jedoch noch zusätzlich eine ganz eigene Wirkung und Dynamik entfalten. Herausgekommen ist schließlich eine Sound-Collage aus Experimental, Dubstep und Ambient, die viel Sinn macht und in dieser Form als Hintergrundrauschen perfekt für verschneite, dunkle Abende auf dem Sofa geeignet ist.
Lieblings-Album: Darkstar, North
Die angenehm zuverlässige Review-Plattform Dusted nennt Darkstars Début "a great pop album", dass wie eine kryptische Variante der Junior Boys klingt. Nach dem 2009er-Konsens-Hit Aidy's Girl Is A Computer gibt es auf knapp 40 Minuten Länge hier insgesamt zehn tracks, die zeigen, wie Dubstep in 2010 klingen kann. Mit Gold ist sogar ein kleiner, theatralischer Pop-Hit dabei, für den inzwischen auch bereits ein sehr schönes Video existiert. Die anderen, im Schnitt etwa vier Minuten laufenden Songs bilden in ihrer melancholischen Vertracktheit den perfekten Soundtrack für Herbst und Winter, der nicht nur klassische Dubstep-Hörer ansprechen dürfte, sondern auch Fans der eher experimentellen Sachen von Actress, Flying Lotus und Co.
Lieblings-Single: James Blake, I Only Know (What I Know Now)
Mit James Blakes I Only Know (What I Know Now) gibt es noch eine dritte "Dubstep"-Veröffentlichung, die nicht lediglich deutlich macht, wie progressiv sich dieses Genre 2010 gezeigt hat, sondern auch, dass ich dieses Jahr nach einigen gescheiterten Annäherungsversuchen nun doch endlich noch einen Zugang dazu finden konnte. James Blake, Mount Kimbie und Darkstar machen vor allem auch in dieser Kombination Sinn, da sie gemeinsam eine Achse bilden, die traditionelle Dancefloor-Rhythmen zugunsten eher klassischer Song-Strukturen aufgibt, ohne jedoch dass für Dubstep typische Tempo zwischen 130 und 140 BPM zu vernachlässigen. Blake kam dabei durch sein Feist-Cover Limit To Your Love endlich auch im Mainstream an und darf hier zum ersten mal wirklich zeigen, dass er nicht nur Beats programmieren, sondern noch dazu auch Singen kann. Das entsprechende, herzerreißend schöne Video zum Song verzeichnet bei YouTube daher inzwischen verdienterweise knapp eine Millionen Hits. I Only Know (What I Know Now) steht hier eher stellvertretend für die komplette, im Oktober auf R&S veröffentlichte und viel gelobte EP Klavierwerke, die Lust macht auf das im Februar folgende, selbstbetitelte Album.
Lieblings-EP: Space Dimension Controller, Temporary Thrillz
Über Space Dimension Controller wurde dieses Jahr viel gesprochen. Neben Kyle Hall gilt Jack Hamill nach The Love Quadrant wenn schon nicht als irgendwie immer blöd klingendes Wunderkind, dann zumindest als viel versprechendes Jungtalent. Auf R&S, dass dieses Jahr auch Musik vom Dubstep-Posterboy James Blake veröffentlichte, erschien im Oktober Temporary Thrillz, dessen sechs tracks zwischen 105 und 130 BPM scheinbar mühelos alles abgrasen, was aus den Maschinen an futuristischen Sounds derzeit so herauszukitzeln ist. Bereits der Opener Mercurial Attraction spielt dabei so lässig mit dem Erbe von Detroit, Disco und klassischem 90er-Jahre-Ambient, dass man sich schockiert fragen muss, wie wir es je ohne Hamill aushalten konnten.
Lieblings-Video: Kim Ann Foxman, Creature
Wann war das eigentlich, Hercules & Love Affair in Köln? Ich erinnere mich an Kristina, Bier aus Plastikbechern und eine wirklich unsägliche Vorband, die jedoch nach den ersten zwei tracks der Hauptband schnell vergessen war. Die Wartezeit auf das neue Album von Hercules vertreibt uns nun Kim Ann Foxman, die schon auf dem 2008er DFA-Début Mitgesungen, Mitmusiziert und Mitgetanzt hat. Creature ist ihre erste Single und knüpft an den Seventies-Disco-Sound von Hercules an, der hier allerdings etwas klinischer, kühler und polierter daherkommt, jedoch für änhlich hysterische Publikumsreaktionen sorgen dürfte wie zum Beispiel Blind. Nach wie vor ist mir jedoch nicht ganz klar, ob mir Creature nun so gut gefällt, weil das Video mit den Tänzern in Schwarz-Weiß so fantastisch und sexy und süß und perfekt ist, oder ob mir das Video gefällt, weil der Song so eingängig und cool und Nineties-Housig klingt. Egal: Lieblings-Video, Lieblings-Song.
Lieblings-Artist: Move D
Auch dieses Jahr hat sich nichts daran geändert: während ich den DJ-Mixen von David Moufang alias Move D nichts abgewinnen kann, gehören seine Produktionen zu den Sachen, die mich praktisch durch das gesamte Jahr begleitet haben. War 2010 für Move D releasetechnisch ein eher weniger ereignisreiches Jahr, gab es dafür auf seiner gut besuchten Soundcloud-Seite alle paar Wochen frische DJ- und Live-Sets, von denen ich vor allem zwei hervorheben möchte: Lunar Landing wurde vor etwa zwölf Monaten im Planetarium Heidelberg anlässlich des vierzigsten Geburtstags der Apollo-11-Mission aufgenommen und ist ein knapp zweistündiger, sehr gekonnt zwischen den Polen Ambient, Dub und House groovender Mix. Im September hat Moufang zudem mit seinem Band-Kollegen Jonah Sharp als Reagenz ein schönes, im Vergleich zu Lunar Landing etwas druckvolleres Live-Set auf dem japanischen Internet-TV-Sender Dommune gespielt, dass es hier gibt. Unbedingt zu empfehlen ist auch Moufangs 95er-Klassiker Kunststoff, der später auf City Centre Offices wiederveröffentlicht wurde und mich auf meinem iPod vor allem durch die zweite Jahreshälfte begleitet hat. Ebenfalls auf City Centre Offices folgte 2005 unter dem Namen Studio Pankow ein Kollaborationsprojekt zwischen Moufang, Jamie Hodge und Kai Kroker: Linienbusse bietet zehn unaufdringliche Home-Listening-Schätze, die zu bergen es sich definitiv lohnt.
Lieblings-Oldie: The Other People Place, Lifestyles Of The Laptop Café
Klassiker neu zu besprechen ist in der Regel eine schwierige und oft auch undankbare Aufgabe. Nicht nur wurde schon viel über sie geschrieben und gesprochen, es kennt sie zudem auch praktisch jeder. Genauso geht es mir mit Lifestyles Of The Laptop Café, dem wohl bekanntesten Album von Marcel Stinson alias The Other People Place. 2001 auf Warp veröffentlicht, gibt es hier acht verträumte Detroit-Epen, die trotz der stets geraden Bassdrum locker vor sich hin schwingen und nicht nur auf der heimischen Couch, sondern auch in der Disco gut funktionieren. Während der Opener Eye Contact noch eher unauffällig lostuckert, gibt es mit Let Me Be Me zur Mitte hin die programmatische Mitsing- und Mittanz-Hymne, bevor Sunrays das Album nach knapp 50 Minuten beschliesst und uns glückselig in die laue Sommernacht entlässt.
Dezember 2010 | ||||||
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