(i think) he was a journalist

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Ansonsten tat ich nichts. Nichts tun, damit meine ich: nichts Unüberlegtes oder Zwanghaftes tun, nichts durch Gewohnheit oder Trägheit diktiertes. Nichts tun, damit meine ich, nur das Wesentliche tun, denken, lesen, Musik hören, sich lieben, spazierengehen, ins Schwimmbad gehen, Pilze suchen. Nichts tun, das erfordert, anders als man sich's auf die Schnelle vorstellen könnte, Methode und Disziplin, Geistige Offenheit und Konzentration. Ich schwimme jeden Tag fünfhundert Meter, bei einem Stundentempo von zwei Kilometern, kein sehr übermäßiges Tempo, geb ich zu, was genau zwanzigmal der Länge des Beckens pro Viertelstunde entspricht, das sind achtzig Bahnen in der Stunde. Aber ich bin nicht auf Leistung aus. Ich schwimme bedächtig, wie eine alte Dame (allerdings ohne Häubchen), den Geist idealerweise leer, auf meine Gesten und meinen Körper achtend, auf meine Bewegungen und deren Regelmäßigkeit bedacht, den Mund halb geöffnet, der beim Ausatmen eine Garbe plätschernder Blasen vor sich auf die Oberfläche des Wassers zaubert. Behutsam strecke ich dem bläulich schimmernden Schwimmbad, dessen klares Wasser von allen Seiten meine Glieder umhüllt, die Arme nach vorn, um mit langen Zügen die Wasseroberfläche zu teilen, während die Beine in Höhe der Knie einknicken und simultan dazu sich die Arme langsam aufs neue ausbreiten und gleichzeitig wieder die Beine in der gleichen koordinierten und synchronen Bewegung das Wasser hinter sich stoßen. Letztlich steht das Bad auf der Leiter der Vergnügen, die das Leben uns verschafft, sehr hoch an, nachdem ich es zunächst etwas unterschätzt und ziemlich weit hinter der körperlichen Liebe eingereiht hatte, die bislang meine Lieblingstätigkeit gewesen war, vom Nachdenken einmal abgesehen, selbstredend.

Toussaint: Fernsehen. Seiten zehn bis elf.



(sma, 19. Januar 2006 um 21:23:00 MEZ)
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