(i think) he was a journalist

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Kuriosum

I: Erste Vorlesung fällt aus, ich sitze im Café, trinke starken Kaffee mit etwas Milch und lese, fühle mich träge, etwas gelangweilt, nervös. Der Mann sitzt einige Tische entfernt, ich beobachte ihn von Zeit zu Zeit, nicht auf diese Art, wie ich auch den unglaublich schönen Menschen am frühen Nachmittag beobachte. Der Mann hat schütteres, fettiges, zu langes Haar, ist schlecht rasiert und trägt einen schwarzen Filzmantel, welchen er, dort sitzend, nicht öffnen wird. Sein Hab und Gut trägt er in einigen Plastiktüten bei sich. Sitzt dort also, liest Zeitung. Steht auf, faltet das eine Zeitungsblatt sorgfältig, geht zu einem der Nebentische, platziert es dort, in der Mitte des kleinen Tisches, ebenfalls sehr sorgfältig. Später, als der Mann längst aufgestanden und gegangen ist, fällt mir die Zeitung wieder auf. Mit einem schwarzen Kugelschreiber hat er einen der Artikel kommentiert, für alle sichtbar, als Zeichen, als anonyme Botschaft, als Kommentar. „Autos verbieten, die Idioten können zu Fuß gehen, das ist sowieso gesünder.“ Das Schriftbild macht auf mich einen geordneten, klaren, stark vereinfachten Eindruck. Ich muss den Rest des Tages über diesen Mann und die Botschaften, die er auf den Tischen hinterlässt, nachdenken.

II: An sich ist daran nichts kurios. Und dennoch ist es kurios. Nicht der Film an sich, mehr der Umstand, diesen Film, in dem viel gefickt wird, mit einer Horde anderer Menschen zu sehen, die ich alle nicht näher kenne. Sie sitzen mit mir Woche für Woche im Seminar, ich habe eventuell gar einige Worte mit ihnen gewechselt. In diesem Film nun, da schreit Gudrun The revolution is my boyfriend. Gefällt mir, der Film. Auch der Umstand, ihn mit Fremden zusammen gesehen zu haben, spielt nun, aus der Ferne betrachtet, keine große Rolle mehr. Oder vielleicht doch.



(sma, 4. Januar 2005 um 23:58:00 MEZ)
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