(i think) he was a journalist

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Ich bin eigentlich nicht besonders abergläubisch, oder versuche, es nicht zu sein. Zufälle finde ich aber schon seit einer Ewigkeit toll und gut. Am vergangenen Sonntag las ich in Hannover auf der Terrasse in einer Zeitung einen Artikel über Hausbesetzer in London. Es ging im Großen und Ganzen um Männer, die in großen Häuser leben, die einerseits zu teuer sind, um verkauft zu werden, und andererseits aber zu alt, um abgerissen zu werden, und sich mit dieser Situation nun in den vergangenen Jahren gut arrangiert haben. Der Artikel war okay, ich hätte ihn wohl innerhalb der nächsten paar Tage wieder vergessen. Auf der Heimreise las ich im Zug die ersten Seiten von Diedrich Diederichsens Sexbeat (erstmals erschienen 1985), der auf Seite 56 unter dem Stichwort London! Now! über ebendieses Thema schreibt:

»Spätsommer in Camden. André lebt in einer Villa am Regents Park und zahlt nur eine geringe Miete, die eigentlich keine ist. Alle sechs Wochen kommt eine Art Mafioso, jedenfalls ein Italiener, vorbei, und verlangt nach ein paar krumpeligen Pfund-Noten. Aber er läßt sich auch schon mal um sechs weitere Wochen vertrösten.
Rund um den Regents Park stehen haufenweise Villen leer. Private Käufer wollen gerne Bürohäuser daraus machen. Doch die sozialistische Verwaltung dieses Londoner Stadtteils will nur Privatwohnungen zulassen. Das wiederum birgt die Gefahr des "Squatting", denn anders als in Berlin, wo Besetzung und Räumung von Häusern noch zur Kenntnis genommen werden, ist es in London schon seit Ewigkeiten üblich, leerstehenden Wohnraum zu beschlagnahmen, ohne daß jemand davon viel Aufhebens machte. Doch ist Camden wieder nicht sozialistisch genug, diese repräsentativen, wenn auch verrotteten Villen den Squattern zu überlassen, die in dieser Gegend ohnehin schon genug Wohnraum ihr eigen nennen. "Squatter's right" ist der im Englischen wie Amerikanischen gebräuchliche Ausdruck für "Gewohnheitsrecht". Daher ist irgendein kleiner Beamter dafür verantwortlich, daß niemand in diese Häuser eindringt. Dieser kommt auf die Idee, die Dinger unter der Hand und wieder ohne viel Aufhebens und sehr diskret zu vermieten und die ansässigen Mieter als Hausmeister zu verpflichten, und so die Wohnung squatterfrei zu halten. Das Geld scheint er sich mit dem Italiener, der als illegale Exekutive fungiert, zu teilen.«

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