(i think) he was a journalist

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Tage werden zu Wochen werden zu Leben in der Erinnerung. Im Nebenzimmer singt C., während sie eine Zimmerpflanze umtopft, M. fegt den Fußboden in einer Jogginghose, C. trägt ihre Haare nachlässig hochgesteckt, die Küche ist leer, der Tisch frisch gestrichen, der Kühlschrank riecht nach Käse. Das schönste Omacafé in der Adalbertstraße hat schon morgens um elf keine Croissants mehr, der Kaffee jedoch schmeckt ausgezeichnet, der Zuckerkuchen auch. Der schönste Intellektuelle Münchens, frisch geschnittenes, schwarzes Haar, eine Y3-Trainingsjacke, sehr schöne Schuhe, übersetzt gerade das Buch eines in Sofia lebenden Onkels, während sein Freund auf dem Oktoberfest im Hacker schuftet. Das Hacker. Die Sonne scheint im Biergarten auf die Köpfe der Menschen, die dort sitzen, Bier trinken und Hähnchen für neun Euro essen, lachen und keine schlechten Menschen sind, eher im Gegenteil. Je später, desto voller, auf der Herrentoilette fordern jetzt auch die Frauen ihr Recht ein, vor den Türen des Festzeltes bestechen junge Münchener das Personal (zwanzig bis dreißig Euro pro Platz), die Schlangen sind sehr lang. Ein Fischbrötchen, die Lichter der Fahrgeschäfte bei Nacht, wie gut das auch ist, schon um zehn so betrunken vom vielen Starkbier zu sein, dass man kaum noch laufen kann. Bei McDonalds mache ich dem Mitarbeiter ein Kompliment, wie ich allen Mitarbeitern immer Komplimente machen möchte, weil sie Mitarbeiter sind (was natürlich den Umständen und nicht ihrer Herzensgüte geschuldet ist und sich somit, na ja, vielleicht, erübrigt). Die Haltestelle Theresienwiese ist voll, sehr voll, über Lautsprecher ist ein Mitarbeiter der MVV zu vernehmen, er mimt in diesen Wochen sehr souverän den Entertainer, man möchte sich gar nicht erst von Unten nach Oben bewegen und ihm stattdessen die eine oder andere Stunde beim Arbeiten zuhören. Die Schellingstraße entlanggestolpert, an den vollen Bars vorbei, ins Bett gestolpert, am Morgen die Kopfschmerzen meines Lebens mit Aspirin vertreiben. Der schöne Intellektuelle regt später an, eine Genealogie der Individualität zu schreiben, fußend auf amerikanischen oder, was natürlich viel interessanter wäre, japanischen Subkulturen unter Zuhilfenahme von Paul Virilios Theorie der Dromologie.


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